Mit dem Motto ’Eure Geschichte ist unsere Geschichte’ bietet das Jakob Bleyer Heimatmuseum, als ein lebendiges Museum neben seinen Ausstellungen lokale und landesweite ungarndeutsche Projekte an.
BeratungBrückenbauer
Grenz- und zeitüberschreitende Minderheitenfragen am Beispiel der deutschen Minderheit
„Eure Geschichte ist unsere Geschichte“ (Motto, Jakob Bleyer Heimatmuseum)
Einführung
Das Jakob Bleyer Heimatmuseum in Budaörs ist ein Ort der Erinnerung, der die Kultur, Geschichte und Identität der deutschen Minderheit lebendig werden lässt. Es ist eine große Freude, dass hier deutsche, ungarndeutsche Werte und Traditionen seit mehr als drei Jahrzehnten weitergegeben werden, und dass es Brücken entstanden sind zwischen der alten und der neuen Heimat. Die ’Marke’ Heimatmuseum wird für die Zukunft bleiben, um die Brücken zu bauen – durch Freundschaften, Veranstaltungen, zwischen Länder und Menschen – das ist heute aber noch wichtiger.
Das Jakob Bleyer Heimatmuseum, das Innenministerium vom Freistaat Sachsen, das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit Budapest und die Universität Chemnitz organisierten am 11.-12. und 13. April 2024 eine Konferenz mit dem Titel „Brückenbauer – Grenz- und zeitüberschreitende Minderheitenfragen am Beispiel der deutschen Minderheit“. Zielgruppe waren die Vertreter der deutschen Minderheiten, aber auch Interessierte, die nicht zur deutschen Minderheit gehören. Denn das Projekt möchte vor allem Werte dieser Minderheit zeigen, die die Länder – z. B. Ungarn, Rumänien – seither bereichert haben und für die Zukunft Brücken bauen.
Themen
Für die Tagung – für die 3 Tage vom 11. bis 13. April – waren drei große Themenstränge angedacht. An dem ersten Tag ging es um die Kultur der deutschen Minderheit, am zweiten Tag wurde für die Gäste, Referenten die Teilnahme an einer Fachtagung im Parlament organisiert und am dritten Tag konnten wir nach einem historischen Abriss der Geschichte mit den Vertretern der Jugend über die Zukunft der deutschen Minderheit Gespräche führen.
Brücken bauen
Die drei Tage haben wirklich Brücken gebaut. Am 11. April eröffnete Dr. Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit Budapest die Veranstaltung und hieß die Gäste im Café Scruton (Tas Vezér Str. 3) willkommen. Nach einem kurzen Exkurs zu Institut und zu Geschichte von Ungarn hob Herr Dr. Bauer die aktuelle Bedeutung der Brücken hervor, welche auch zur Deutsch-Ungarischen Verständigung beitragen. Danach hielt Prof Dr. Frank-Lothar Kroll, Professor für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Technischen Universität Chemnitz und Visiting Fellow des Deutsch-Ungarischen Instituts, seine Grußworte und stellte die Gäste und Referenten vor, unter anderen Herrn Staatsminister Oliver Schenk und Herrn Dr. Jens Baumann.
Es war eine große Ehre, dass Herr Staatsminister Oliver Schenk vom Freistaat Sachsen die Teilnehmer per Videochat begrüßte und in seiner Grußbotschaft positive Worte zur Tagung sprach. Herr Staatsminister Schenk betonte in seiner Rede die Bedeutung der Minderheiten und erwähnte auch die Rolle von Ungarn bei der Wende: „Der Wunsch nach Demokratie und Freiheit war eine treibende Kraft, die den Eisernen Vorhang zerriss und ein europäischer Wert par excellence ist“. Besonders dankte Herr Staatsminister Schenk in seinen Grußworten Herrn Dr. Jens Baumann, Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen für seinen Einsatz und Frau Dr. Katalin Gajdos-Frank für ihr Engagement auf dem Gebiet der deutschen Minderheit. (Link siehe bitte unten)
Einen Höhepunkt der Eröffnungsveranstaltung stellte der Impulsvortrag von Herrn Beauftragten Dr. Jens Baumann mit dem Titel „Deutsche Minderheiten in Europa“ dar. Herr Dr. Baumann erzählte mit Hilfe vieler Beispiele über Vertriebene und Minderheiten im Freistaat Sachsen und über die Bedeutung von Heimat beziehungsweise zeigte die Ausstellung „Transferraum Heimat“ (in Hoyerswerda), wo unter anderen auch wir, Ungarndeutsche einen Platz bekommen haben. Herr Dr. Baumann stellte kurz auch die Dänen, Sorben und die Deutschen in Polen vor und betonte, dass die Minderheiten als Mehrwert für die Region betrachtet werden. Ziel ist, betonte Herr Baumann, Heimat zu bewahren. Dieser Gedanke ist bei den Gästen der Tagung gut angekommen.
Nach diesem interessanten Vortrag stellte Prof. Dr. Kroll die nächste Referentin, die freie Journalistin, Autorin und Initiatorin zahlreicher Projekte in den Bereichen Kultur, Literatur und Geschichte der Deutschen aus Russland, Katharina Martin-Virolainen, vor. Katharina wurde 1986 in Karelien geboren, kam 1997 als Spätaussiedlerin nach Deutschland. Ihr spannender Vortrag mit dem Titel „Unsichtbare Schicksale und schweres Gepäck: Frauenstimmen in Erinnerungsliteratur“ und die Lesung aus ihrem Roman „Die Stille bei Neu-Landau“ waren berührend schöne Momente der Veranstaltung, die die musikalische Umrahmung von Oleg von Riesen, vor allem das mit Gitarre vorgetragene Gedicht „Lieber Onkel Goethe“ der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch, eindeutig bereicherte.
Es folgte ein kleiner Stehempfang für die anwesenden Gäste im Zimmer von Herrn Direktor Dr. Bence Bauer, bei dem zudem die Gelegenheit bestand mit den Referenten Gespräche zu führen und danach ein Tanzabend, organisiert von Frau Kinga Dörstelmann-Fodor, stellvertr. Direktorin (Deutsch-Ungarisches Institut), wo man mit Frau Tanzlehrerin Mira Gölcz die ungarndeutschen Tänze kennenlernen und aktiv ausprobieren konnten.
Fachtagung im Parlament
Am zweiten Tag der „Brückenbauer“ konnten die eingeladenen Gäste an einer Fachtagung teilnehmen: am 12. April, Freitag, begann das Fünfte Parlamentarische Treffen der Institutionen tragenden lokalen Nationalitätenselbstverwaltungen, das im Sitzungssaal des ungarischen Parlaments in Budapest stattfand. Grußworte sprachen Erzsébet Holler-Racskó, Vorsitzende des Verbandes der Landesselbstverwaltungen der Nationalitäten, Miklós Soltész, für kirchliche und Nationalitätenbeziehungen verantwortlicher Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten und Dr. Jens Baumann, Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen. Herr Dr. Baumann betonte in seiner Rede die Wichtigkeit der Minderheiten für Europa, denn „die Stärke der europäischen Demokratien ist es gerade, diese Minderheiten nicht als zu dulden zu betrachten, sondern als Geschenk“, und wünschte unserem Austausch zu grenz- und zeitüberschreitenden Minderheitenfragen viel Erfolg, viele Impulse und ein verstärktes Miteinander. Im weiteren Verlauf hörten die Teilnehmer, mehr als 300 Gäste, Vorträge von Dr. Gabriella Hajnal, Vorsitzende des Klebelsberg Zentrums, und Dr. Zoltán Maruzsa, Staatssekretär für Bildung im Innenministerium.
Nach dem ersten Teil der Fachtagung im Parlament konnten die eingeladenen Gäste in der Kaffeepause mit den Gremien der Minderheiten in Ungarn und mit den Vertretern der Ungarndeutschen, auch mit Herrn Emmerich Ritter, Parlamentsabgeordneter der Ungarndeutschen, Gespräche führen. Den wertvollen Begegnungen folgte mit Hilfe von Herrn Gregor Gallai, Sachverständiger der Nationalitätenpolitik im Kabinett des Parlamentsabgeordneten der Ungarndeutschen, ein interessanter Parlamentsbesuch: mit Frau Kollegin Anita Schweighoffer konnten wir das wunderschöne Gebäude des ungarischen Parlaments besichtigen und spannende Informationen über die Arbeit im Parlament bekommen. Anschließend machten wir einen Spaziergang: am Donauufer und auf dem Kossuth-Platz erhielten die Gäste von unserer lieben Kollegin Frau Heilmann, Maria Wirth (Jakob Bleyer Heimatmuseum) als Fremdenführerin spannende Informationen über die schönsten Sehenswürdigkeiten von Budapest.
Jugend ist Zukunft
Am 13. April, Samstag konnten wir die Tagung beim wunderschönen Wetter im Garten des Jakob Bleyer Heimatmuseums in Budaörs fortsetzen. Nach der Begrüßung erzählte Frau Direktorin Dr. Kathi Gajdos-Frank über die Themen der Tagung, freute sich über die Brücken, die in diesen zwei Tagen schon entstanden sind und betonte mit einem Zitat eines Zeitzeugen, wie wichtig die heimatlichen Traditionen und die deutsche Sprache für die Ungarndeutschen sind. Im ersten Teil der Konferenz hörten wir dann zwei wissenschaftliche Vorträge. Herr Dr. Ferenc Eiler von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften widmete sich in seinem Vortrag der Frage der Ansiedlung in den identitätspolitischen Bestrebungen der ungarndeutschen Organisationen (1920-1945). Referentin Frau Dr. Barbara Bank, Historiker, Kunsthistoriker und Archivar konnte wegen anderer Arbeitstermine an der Tagung persönlich nicht teilnehmen, ihren Vortrag über das „Schicksal der deutschen Minderheit in Ungarn nach 1944 – Internierung, Verschleppung und Vertreibung“ hat Kollege, Herr György Arató vorgelesen.
Nach der Kaffeepause konnten wir an einem zukunftsweisenden Podiumsgespräch teilnehmen, moderiert von Frau Dr. Beáta Márkus modieriert. Nach den Grußworten von Dr. Jens Baumann, Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler des Freistaates Sachsen haben sich die Teilnehmer, Vertreter der Jugend aus Rumänien, Deutschland, Österreich, Ungarn kurz vorgestellt: Gabriela Rist vom Kulturtreff Satu Mare, Vincent Raab von ifa in Budaörs und Leonie Erbe von ifa in Satu Mare (Institut für Auslandsbeziehungen), Katharina Kellig von DBU (Deutsche Bühne Ungarn), Christoph Bathelt von Österreichischer Landsmannschaft Wien, Rita Chiovini von Deutsch-Ungarischem Jugendwerk E.V., Anna Schulteisz von GJU (Gemeinschaft Junger Ungarndeutschen) und Gábor Werner vom VUK (Verein Ungarndeutscher Kinder). Ziel der Podiumsdiskussion war, Kontakte zu knüpfen. Wie erfolgreich diese Gespräche waren, darüber können Sie in dem spannenden Bericht von unserem ifa-Kollegen Vincent Raab lesen.
Beim gemütlichen Mittagessen im Museumsgarten konnten wir weitere Gespräche führen und Brücken bauen.
Danksagung
Ein ganz herzlicher Dank geht hier an alle Referenten, Gäste und Organisatoren, an das Heimatmuseum-Team, an meine ifa-Kollegen, an Kulturmanager Vincent Raab und an Kulturassistentin Liliána Hoffmann und besonders an den Freistaat Sachsen und an das Deutsch-Ungarische Institut. Hiermit möchte ich mich für die organisatorische Arbeit bei Frau Kinga Dörstelmann-Fodor, bei Frau Orsolya Szászi und vor allem bei Herrn Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, für die freundliche Unterstützung besonders bei Herrn Dr. Jens Baumann und Herrn Dr. Bence Bauer herzlichst bedanken.
Dr. Kathi Gajdos-Frank
Direktorin, Jakob Bleyer Heimatmuseum
Anbei der Link zum Download des Grußwortes von CdS und Staatsminister Schenk:
https://sidas15.extranet.sachsen.de/public/download-shares/Yhl0DlGee1x4TpvLB53qnThrhQdh6cat